
Lass‘ uns eine Zeitreise in die Renaissance machen.
Jeder kennt sie, die zwei kleinen Engelchen: Die Köpfe auf den kleinen Ärmchen abgelegt, schauen sie verträumt in die Gegend.
Zwei Hände, die mit Leichtigkeit aufeinander zukommen und sich beinahe berühren. Auch dieses Motiv hat jeder schon mal gesehen.
Der Mann mit den weit ausgebreiteten Armen und Beinen, den eine bekannte Krankenkasse auf ihren Krankenkarten abgebildet hat. Auch auf dem italienischen 1€-Stück ist er abgebildet.
Wer hat das noch mal gemalt? Wo habe ich das Motiv schon mal gesehen? Wenn das die Fragen sind, die Dir jetzt durch den Kopf gehen, bist du hier genau richtig!
Renaissance - was ist passiert?
Auf meiner kurzen Italien-Reise habe ich mich auf die Suche nach diesen und weiteren Bildern gemacht. Einige Werke habe ich tatsächlich gefunden. Für andere hätte ich gar nicht so weit reisen müssen, denn die Sixtinische Madonna beispielsweise hängt in Dresden. Begeistert von den künstlerischen Meisterwerken möchte ich diese Erlebnisse mit Dir teilen. Ich verrate Dir hier, wer die Künstler hinter den drei oben genannten Bildern sind und weitere spannende Hintergrund-Facts.
Alle drei Künstler lebten und wirkten in der Renaissance. Doch was war noch mal die Renaissance und wodurch zeichnete sich die Kunst dieser Epoche aus?
Die Renaissance (~1400-1600) gilt als die Wiedergeburt der antiken Kunst und fokussiert sich auf den Menschen und sein Können. Durch die neue wissenschaftliche Aufklärung wurden die bis dahin typischen Motive mit mystisch-religiösen Inhalten von weltlichen Motiven abgelöst. Man beschäftigte sich vermehrt mit den Proportionen des Menschen und suchte auch in der Natur nach Inspiration. Erfindungen wie der Buchdruck (1455) machten die Verbreitung von Wissen leichter. Natürlich bedeutete Wiedergeburt der antiken Kunst und das neue Selbstbewusstsein der Künstler nicht, dass die Kirche nicht trotzdem ein wichtiger Auftraggeber blieb. Das Streben nach Schönheit und Vollkommenheit in Malerei, Bildhauerei und Architektur brachte einige Schätze der Kunstgeschichte zum Vorschein.
Zwei kleine, verträumte Engel schauen zufrieden umher
Die Sixtinische Madonna von Raffael: Erhaben steht sie, das Jesuskind in den Armen haltend, auf einer weißen Wolke im Bildzentrum: Maria. Sofort wird mir als Betrachter klar, dass es sich hier um die beiden Hauptfiguren handelt. Links und rechts von Maria tritt jeweils eine Person an sie heran.
Das gelbe Gewand der Person auf der linken Seite, dem Heiligen Sixtus- Schutzpatron und Namensgeber der Kirche in San Sisto, steht im Kontrast zu dem Gewand von Maria. Ihr Gewand schillert in traditionellen Farben und umhüllt sanft und frei ihren Körper.
Vom rechten Bildrand tritt die Heilige Barbara ins Bildgeschehen. Die drei Personen bilden ein Dreieck, welches durch schwere Vorhänge in den oberen Ecken verstärkt wird. Das Dreieck steht für die Dreifaltigkeit: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist.
So wird dem Betrachter nicht nur durch das Motiv, sondern auch durch die Komposition der Inhalt vermittelt. Als leibhaftige Erscheinung tritt mir die strahlende Maria in Menschengestalt entgegen. Durch ihren mir zugewandten Blick zieht sie mich mitten ins Bildgeschehen hinein.
Ich fühle mich als Teil des Bildes. Die Ummantelung des Jesuskindes durch ihren Umhang unterstreicht für mich die enge Verbindung zwischen Mutter und Kind.
Und da sind sie! Während ich fasziniert das Bild betrachte und über malerische Feinheiten staune, fallen mir noch zwei weitere Figuren ins Auge. Zwei kleine Engel, die vom unteren Bildrand verträumt in die Gegend gucken. Ich dachte immer, dass es sich hier um ein eigenständiges Bild handelt und nicht um einen Ausschnitt! Doch in Wahrheit sind sie Teil des Gemäldes und damit hat sich meine ewige Frage nach dem Künstler dieser Engeln gelöst: Es war Raffael.
Wer war Raffael?
Am 28. März 1483 in Urbino geboren, war Raffael Sanzio da Urbino einer der bedeutendsten Künstler seiner Zeit. Doch er war nicht nur als Maler tätig. Als Architekt wirkte er bei Arbeiten am Petersdom als Bauleiter mit und diente dem päpstlichen Hof in Rom. Seine harmonischen Bildanordnungen und friedlichen Madonnendarstellungen haben hohen Wiedererkennungswert. Ein weiteres bekanntes Fresko von ihm ist „Die Schule von Athen“. (siehe Bild)
Im Alter von nur 37 Jahren starb der Künstler am 6.April 1520 in Rom und ist dort im Pantheon beigesetzt.
Zwei Hände, die sich fast berühren
Zwei Hände kommen aufeinander zu und stehen anscheinend kurz vor einer Berührung an den Fingerspitzen. Eines der wohl bekanntesten Motive der Renaissance-Kunst.
Doch wo kommt es her? Ich habe es herausgefunden: es handelt es sich um einen Ausschnitt des Deckenfreskos der Sixtinischen Kapelle im Vatikan.
Auf einer Bank sitzend, schaue ich in die Höhe und betrachte das unglaubliche Bild. Das Motiv zeigt die Entstehung Adams. Als sehr spannend empfinde ich das ‚Nicht-Berühren‘ der Fingerspitzen. Durch die geschickte Anordnung der Hände im goldenen Schnitt (dem 1/3-Verhältnis im Bild), lenken sie die größte Aufmerksamkeit auf sich.
Adam liegt kraftlos auf der Erde und streckt Gottvater seine Hand entgegen. Er liegt im linken unteren Bildrand. Auch Gottvater streckt seine Hand in Adams Richtung. Ich meine, den Funken des Lebens auf Adam überspringen zu sehen. Umgeben von Putten und einer weiblichen Figur, vielleicht Eva, ist Gottvater in der rechten, oberen Bildhälfte zu finden. In dieser Hälfte dominieren Purpur- und Rottöne, welche für mich die Macht Gottes unterstreichen, da sie ihn vom hellen Hintergrund der Szenerie abheben.
Die Erschaffung Adams ist Teil eines riesigen Freskos der Sixtinischen Kapelle. Es fällt mir schwer, alles aufzunehmen. Es gibt so viel zu sehen! In den Fresken des Mittelfeldes befindet sich auch die neun Episoden der Genesis (inkl. Erschaffung Adams). Gerahmt werden diese jeweils von Nackten. Sie halten Medaillons, die auf das Buch der Könige hinweisen. Auf eindrucksvollen Thronen dargestellt, befinden sich Propheten und Sybillen. Ihnen sind die Vorfahren Christi untergeordnet und man sieht die Befreiung des Volkes Israel.
Ebenfalls von Michelangelo gemalt, bestaune ich in der Sixtinischen Kapelle das Jüngste Gericht. Über dem Altar an der Frontwand gemalt, fällt überwiegend blauer Himmel als Hintergrund der verschiedenen Personengruppen ins Auge. Am unteren Bildrand steigen Menschen aus ihren Gräbern. Je höher man den Blick richtet, desto ‚angesehener‘ sind auch die dargestellten Personen. In der oberen Mitte sitzt Jesus.
Wer war Michelangelo?
Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni, so der ganze Name des weltberühmten Künstlers Michelangelo aus der Toskana. In Rom verzierte er die Decke der Sixtinischen Kapelle mit atemberaubenden Bildern. In Florenz, in der Galleria dell’Accademia, steht die bekannte David-Statue aus Marmor. Einen Abstecher nach Florenz sollte man sich daher nicht entgehen lassen. Nicht zuletzt die riesige Kuppel des Petersdoms, die ebenfalls Werk des bedeutenden Künstlers Michelangelo ist.
Geboren am 6. März 1475 in Caprese, Toskana, arbeitete er nach seiner Ausbildung unter anderem in Florenz und Rom für einflussreiche Persönlichkeiten wie der Familie der Medici. Neben der Malerei und Bildhauerei widmete er sich auch der Architektur und Dichtung. Nach einem ereignisreichen und erfolgreichen Leben stirbt der Künstler am 18. Februar 1564 in Rom im Alter von 88 Jahren.
Der vitruvianische Mensch
Was hat es eigentlich mit dem Krankenkassen-Mann auf sich? - so heißt der Mensch mit den weggestreckten Gliedern, den Leonardo da Vinci skizziert hat. Aber woher kommt der Name, frage ich mich?
In der Antike schrieb Marcus Vitruvius Pollio (Architekt und Ingenieur der Antike) in seinen „Zehn Bücher[n] über die Baukunst“ wie man Gebäude erbaut und beurteilt. Außerdem hatte er genauste Vorstellungen von der perfekten Proportion, die ein Gebäude haben müsste. Bei Vitruvius Werk handelt es sich um die älteste Schrift antiker Architekturtheorie. In der Renaissance wiederentdeckt, prägen seine Vorstellungen von Proportion die Architektur der damaligen Baukunst und ihrer Ästhetik.
Bei dem vitruvianischen Menschen handelt es sich um überlagerte, ausgestreckte Extremitäten eines Mannes, dargestellt in zwei Positionen. Leonardo da Vinci stellt die idealisierten Proportionen des Menschen in einer Skizze dar. An Fingerspitzen und Fußsohlen berührt der Mensch jeweils einen um ihn gezogenen Kreis sowie ein Quadrat. Die Studie des vitruvianischen Menschen und die Lektüre Vitruv’s Werkes zeigen das besondere Interesse da Vincis an menschlicher Proportion und Ästhetik.
Gesehen habe ich die Skizze leider nicht. Ich wollte einfach herausfinden, was es damit auf sich hat. Das andere Highlight Da Vincis ,“Das letzte Abendmahl„, habe ich dafür in Mailand gesehen, und ich kann dir sagen: es ist live noch viel eindrucksvoller als jede Abbildung!
Wer war Leonardo da Vinci?
Künstler, Wissenschaftler, Ingenieur, Erfinder und Philosoph: Leonardo da Vinci, am 15. April 1452 geboren, gilt als Universalgenie der Renaissance. Er führte anatomische Studien durch, skizzierte erste Fluggeräte und schuf weltbekannte Kunstwerke wie die geheimnisumwobene Mona Lisa und das Abendmahl. Der Künstler starb 1519 in Frankreich.
Der Artikel stammt von unserer Gastautorin Marisa Magris, die ihrer Leidenschaft für die Kunst nicht zuletzt in ihrem Kunstgeschichte-Studium nachgeht.
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