Natur- und Reisejournalistin Carolin Hlawatsch ist auch dieses Jahr wieder über die Wintermonate mit ihrem tierischen Begleiter János im Van in Italien unterwegs. Auf der Suche nach spannenden Geschichten entdeckte sie den Geheimtipp Bomarzo mit seinem „Heiligen Wald“ und einer im Wald verborgenen Pyramide der Etrusker. Über Ihre Erlebnisse berichtet sie auch auf tierisch-in-fahrt.de.

Die meisten Touristen kommen nach Bomarzo wegen des Sacro Bosco (heiliger Wald), auch bekannt als Parco dei Mostri (Park der Ungeheuer). Dieser skurrile Garten mit fantastischen Skulpturen ist definitiv einen Besuch wert, allerdings gibt es in Bomarzo noch viel mehr zu sehen. Und das ist bis dato noch nicht so bekannt!

Der „Heilige Wald“ – Garten des Orsini

Unterhalb der auf einem Felsen thronenden Altstadt von Bomarzo, in einem grünen Tal, liegt der Sacro Bosco. Angelegt, beziehungsweise in Auftrag gegeben wurde er 1552 von dem italienischen Adligen Vicino Orsini. Dreißig Jahre lang wuchs der Park zu einer Anlage wie einem Märchenbuch entsprungen.

Orsinis Anliegen soll es gewesen sein, eine groteske Welt zu inszenieren, die den Besucher verwirrt und dessen Phantasie anregt. Ein Ort, der unter anderem auch, gegen die starre katholische, durch die Kirche auferlegte Denke, die damals herrschte, rebelliert. Diese Art von Anlage ist einmalig in Italien.

Doch nachdem Orsini 1585 gestorben war, geriet der Sacro Bosco in Vergessenheit. Die fantasievollen Skulpturen verschwanden unter Moos und Schlingpflanzen, einige zerfielen, der Garten verwilderte. Nur einige wenige Intellektuelle sollen sich für den Park interessiert haben, unter ihnen Goethe höchstpersönlich auf seiner Italienreise. Es sollte über 300 Jahre dauern, bis der Garten aus dem Dornröschenschlaf geweckt wurde. Salvador Dalí war 1938 der erste prominente Besucher des Parks.

 

Durch ein steinernes Tor betrete ich gespannt den Sacro Bosco, nachdem ich den Eingangsbereich mit großer Picknick-Area und Museumsshop hinter mir gelassen hatte. Als „früher Vogel“ unter den Parkbesuchern höre ich es zwitschern und hinter Hecken und steinernen Ecken, unter Bäumen und am Rand einer weitläufigen Wiese begegnen mir beeindruckende Kreaturen, Fabelwesen genauso wie Gestalten aus der griechischen und römischen Mythologie: Neptun, Pegasus, der zweiköpfige Höllenhund Cerberus, Drachen und Elefanten.

Irre ist das schiefe Haus „Casa Pendente“. Als ich es betrete, wird mir leicht schwindelig. Tatsächlich soll dieser Bau, so erfahre ich später, den Gleichgewichtssinn der Besucher täuschen. Was ist nun gerade und was schief? Und was bedeuten all‘ die Inschriften auf den Skulpturen? „Ogni pensiero vola“ – „Jeder Gedanke fliegt“, steht über dem weit geöffneten Mund von Orkus, dem römischen Gott der Unterwelt und über der „Etruskischen Bank“: „Voi che pel mondo gite errando vaghi, di veder maraviglie alte et stupende, venite qua dove son faccie horrende, elefanti, leoni, orsi, orchi et draghi“ – „Ihr, die ihr durch die Welt irrt, begierig, große und staunenswerte Wunder zu sehen, kommt hierher, wo es schaurige Gesichter gibt, Elefanten, Löwen, Bären, Orken und Drachen“.

Nicht nur ich verlasse den Sacro Bosco mit offenen Fragen. Sogar Forschende versuchen wohl noch heute die Rätsel, die dieser Park birgt, zu lösen.

 

 

Geheimtipp Bomarzo – auf Tuffsteinfelsen thronend

Zeit für einen Mittagssnack! Vom Parkplatz des Sacro Bosco wandern wir hinauf in die Altstadt von Bomarzo.

Steil ragen die, auf dem hier so typischen Tuffgestein „Peperino“ stehenden Häuser auf. Überragt werden sie noch vom imposanten Palazzo Orsini, der im 16. Jhd. auf den Ruinen einer mittelalterlichen Burg erbaut wurde. Die Altstadt ist nicht sehr groß, sodass man sie in einer knappen Stunde gut erfassen kann. Hat man die engen Gassen, die sich ab dem Dorfplatzbrunnen in die Höhe schlängeln, erkundet, zieht es einen automatisch auf den „Balkon“ Bomarzos wo eine herrliche Aussicht wartet.

Eine schöne Aussicht auf das Tibertal und zudem gutes, regional-typisches Essen genießt man, mittags wie abends, in Bomarzo im „L’Etrusca Bistro“. Das Restaurant liegt direkt in der Altstadt. Dort bekommt ihr auch Auskunft und Kontakt zu echten „Locals“, die Führungen zu weiteren und noch unbekannteren Sehenswürdigkeiten rund um den Geheimtipp Bomarzo anbieten.

 

 

Der „Pyramidenmann“

Einer dieser Locals ist Salvatore Fosci. Mit ihm stehe ich am Folgetag auf einer zirka zwölf Meter hohen, und wohl 2500 Jahre alten etruskischen Pyramide im bewaldeten Tacchiolo-Tal und lausche seiner Geschichte, die mit diesem uralten Relikt verbunden ist und die so gut in dieses geheimnisvolle Bomarzo passt. Auch mein Hund János schlackert mit seinen langen Schlappohren und reckt seine Nase von der Pyramidenspitze aus hoch in den Wind.

Nach zwanzig Jahren in Südtirol, wandte Salvatore seinem stressigen Job den Rücken und kehrte zurück in seine Heimat Bomarzo. Um sich zu akklimatisieren, die stressigen Jahre abzuschütteln, wanderte er und wanderte er, wie schon sein Vater und sein Uropa, der Förster von Bomarzo. Salvatore begab sich auf Pfade seiner Kindheit, dort im Wald, wo in seiner Erinnerung Ruinen und Höhlen waren. Er entdeckte alte Wege, die er auch anderen Wanderern wieder zugänglich machte, indem er sie frei schnitt. Als Begleiter immer dabei hat er seinen Wanderstock, dessen Ende ein Gazellen-artiger Tierkopf schmückt. „Ein flinkes Tier, das durch Sprünge und geschicktes Überwinden von Hindernissen den Weg klar vorgibt“, so Salvatore, der nicht nur dieses, sondern auch viele andere Tiere „seines“ Waldes künstlerisch in Stein und Holz verewigt.

 

Eines Tages fand er ihn dann wieder, diesen riesigen Peperino-Felsen, der Spuren alter Kulturen aufwies, aber völlig versteckt im Dickicht unter Pflanzen und Moos lag. Salvatore war nicht der erste, der dieses Monument am damals noch recht unzugänglichen steilen Waldhang entdeckte. Schon 1991 fanden ihn Archäologen. Sie schenkten dem riesigen Megalith mit seinen Stufen und Plattformen aber keine so große Aufmerksamkeit. An’s Licht brachte ihn erst Salvatore Fosci. Aus Respekt vor diesem Ort und aus Liebe zur Natur ging er vorsichtig und leise, ohne rabiate Dinge wie Motorsägen, sondern nur mit manuellem Werkzeug, an die Arbeit. Stück für Stück legte er über viele Jahre hinweg Stufen, Altare, und Opferrinnen frei.

 

Dank seines Einsatzes stehen heute wieder Leute, so wie ich, ehrfürchtig staunend vor oder manchmal eben auch auf diesem größten Felsaltar Europas – eine Pyramide die ein wenig an die Tempel der Maya in Lateinamerika erinnert. Allerdings etwas anders in der Dimension. Wegschilder führen nicht zu ihr. Man muss sich schon durchfragen oder eine geführte Tour mit Salvatore oder seinen Kollegen buchen. Vermutet wird, dass diese Pyramide den Etruskern im 6. Jahrhundert v. Chr. als Kultstätte diente. Womöglich seien Tiere dort geopfert worden, deren Blut durch die Rinnen abfließen konnte. Die Generation von Salvatores Großeltern habe vom „Sasso del Predicatore“ (Predigerstein) gemunkelt.

Klar beantworten kann Salvatore, was die Pyramide für ihn selbst für eine Bedeutung hat: „Diese, in den Momenten des Freilegens des Denkmals seit 2008 erlebten Emotionen sind mir ins Blut übergegangen. Dieser Stein, den ich von Hand gereinigt habe, hat mir viele seiner alten Geheimnisse preisgegeben. Von diesem Tag an ist die Pyramide für mich zu einer kontinuierlichen Verbindung mit der Vergangenheit geworden“. Und tatsächlich, als hätte dieser Einsatz an der Geschichte-flüsterndenden Tuffsteinpyramide weitere Steine in’s Rollen gebracht, findet er seitdem immer weitere geschichtsträchtige Spuren in dieser Region.

Eine Miniatur der etruskischen Pyramide hat Salvatore, der nicht nur Natur-Guide, sondern auch Öko-Landwirt und Bildhauer ist, in seinem Garten stehen. Er formte sie aus einem Tuffstein, der vom vulkanischen Original abgebrochen war. Sein Haus, umgeben von Weinreben und Olivenbäumen befindet sich unweit des Waldes, der wie er sagt, noch viele Geheimnisse in sich trägt und in dem er täglich unterwegs ist um diese zu entdecken und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Salvatore ist also der „Wächter der Etrusker-Pyramide von Bomarzo“.

Möchtest Du einen Stopp im Geheimtipp Bomarzo in Deine nächste Italien Rundreise integrieren? Dann stelle uns über www.amavido.de eine Reiseanfrage und gib im Kommentar „Bomarzo & Sacro Bosco“ ein.

 

 

 

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Written by Carolin Hlawatsch
Ciao, ich bin Caro und zu mir gehört mein drahthaariger Vizsla János. Wir bilden das „ Tierisch-in-Fahrt-Team“ und sind im Van in Europa unterwegs, mit Vorliebe in südlichen Gefilden. Den Winter 2020/2021 haben wir in Apulien und auf Sizilien verbracht und waren schwer begeistert. Als Fulltime-Vanliferin und freie Journalistin begebe ich mich auf die Spuren spannender Tier-, Natur-, und Reisegeschichten, über die ich dann in verschiedenen Medien aber auch auf meinem Blog tierisch-in-fahrt.de berichte. Meine Liebe zu und mein Wissen über Tiere und Natur schärfte ich während meines Tiermanagement-Studiums in den Niederlanden, meine Passion für’s Reisen war irgendwie schon immer da! Jetzt aber Schluss, genug zu meiner Person... das nächste Abenteuer wartet schon draußen vor der Van-Tür ;)