Unsere Reisekomponistin Sheila hat für Euch das neue Reisekonzept „Community Working“ bei unserem Host Andrea in den grünen Hügeln der Emilia – Romagna ausprobiert – erfahrt mehr über die Arbeit und den Alltag unserer Gastgeber und die Erfahrung als Community Worker.
Andreas Bed and Breakfast in Castel del Rio
Inmitten der COVID-19 Krise hat sich unser Team Gedanken gemacht: In welche Richtung kann sich amavido noch entwickeln und wie geht es nach Corona weiter? Auf die Beine gestellt haben wir vier neue Projekte: einen Online Store für die leckeren Gourmetprodukte, hergestellt von unseren Gastgebern, der Start von amavido Reisen in Deutschland und zwei neue Reisekonzepte für Italien: Remote Working für die Digital Nomads unter Euch, sowie das Community Working: eintauchen in den Alltag eines Gastgebers und Unterstützung bei den anstehenden Projekten rund um die Unterkunft, im Austausch gegen Unterkunft und leckeres Essen.
Klingt spannend? Sheila hat es ausprobiert und eine Woche Community Working erlebt. Viel Spaß beim Lesen!
COMMUNITY WORKING BEI ANDREA UND MAFFY
Als die Idee für das Community Working Konzept in einem unserer Skype – Meetings vor mehreren Monaten angesprochen wurde, war ich direkt begeistert – übernachten in den einzigartigen Unterkünften unserer Gastgeber im Austausch für 4-5 Stunden Arbeit am Tag. Das Konzept ist mir nicht fremd, denn schon während meiner Australienreise 2012/13 habe ich das mal gemacht. Allerdings nicht in einem B&B in traumhafter Umgebung, mit einem Pool zum Entspannen nach Feierabend und gemütlichen Doppelzimmern, sondern in einem winzigen Hostel in Sydney und im Austausch gegen Übernachtung im 16 – Bett Zimmer. Ein wahres Upgrade also im Vergleich zu meiner bisherigen Erfahrung.
Ich schreibe Andrea, unserem Gastgeber also eine kurze Mail, stelle mich vor und ein paar Tage später steht fest: Anfang August komme ich als Unterstützung vorbei. Eine Vorwarnung gibt er mir direkt: „Es ist Hochsaison und super viel zu tun!“ – mal schauen!
Andrea und sein Hund Maffy
Tag 1:
Nach einer Woche Urlaub in der Toskana und mit viel Energie, komme ich an einem heißen Sonntagnachmittag in Andreas B&B hoch auf einem Hügel in der Nähe von Imola an – für mich ist das auch das erste Mal, einen unserer Gastgeber und seine Unterkunft kennen zu lernen und „in echt“ zu sehen und mir wird sofort klar: Hier ist es noch viel schöner als auf den Bildern, die ich vorher gesehen habe. Ich schlage hier drei Fliegen mit einer Klappe: Qualitätstest der Unterkunft für die regulären Reisen, Community Working Erfahrung und die Remote Working Atmosphäre, dieses Angebot kann man bei Andrea nämlich ebenfalls buchen und für amavido sitze ich täglich und auch diese Woche im Homeoffice.
Begrüßt werde ich mit einem großen Lächeln und „Du kommst gerade rechtzeitig!“. Denn an diesem Sommertag ist das B&B ausgebucht – mit regulären Gästen und denen, die nur kommen, um einen Tag am Pool zu genießen. Ich darf mich aber auch erstmal an den Pool setzen und ein kaltes Bier trinken, bevor ich eine Einführung in meine Aufgaben bekomme…
Aussicht vom Infinity Pool
Ich lerne Andreas Zwillingsbruder kennen – der kommt übers Wochenende oft zum Aushelfen vorbei und erzählt mir, was ich vorher noch nicht wusste: Andrea leitet das B&B mit 4 Zimmern ganz alleine – vom Wäsche waschen, über Frühstück zubereiten und Poolreinigung – das erledigt er alles selbst und ist so in der Hochsaison oft auf die helfenden Hände seiner Freunde und Familie angewiesen. „Aber hin und wieder kommen ja Community Worker vorbei, so wie du.“ sagt sein Bruder und verabschiedet sich nun in den 2 – wöchigen Urlaub.
Da die Unterkunft in dieser Woche ausgebucht ist, habe ich zugestimmt auf eine alternative Übernachtungsmöglichkeit auszuweichen: Ein kleiner Wohnwagen, der wenige Gehminuten von der Unterkunft entfernt ist und mitten im Grünen steht. Gut, dass ich eine Taschenlampe dabei habe 😊
Abends erzählt mir Andrea dann ein wenig aus seinem Leben und wie es zu seinem Dasein als Gastgeber kam. Darüber kann ich eigentlich einen alleinstehenden Blogartikel schreiben, doch so viel sei gesagt: Wenn Andrea anfängt von seinen vielen Reisen nach Afrika und Südamerika zu erzählen, den Allrad – Rennen die er gefahren ist und der Erfahrung, die er gemacht hat, als er vor ein paar Jahren den Jakobsweg zusammen mit seinem Hund Maffy gelaufen ist, hört man gerne zu.
Das B&B war einst nur sein Feriendomizil und dann sein Zuhause – mittlerweile sind alle Zimmer des Hauses zu Gästezimmern umgewandelt, die Küche steht allen Gästen zur Verfügung und es ist so heimelig, dass man sich sofort zuhause fühlt.
Hier wird gekocht - öfter von den Gästen als vom Gastgeber 😉
Ich bin gespannt, was mich in der kommenden Woche erwartet und mache mich auf den Weg ins Bett…
Tag 2:
Montagmorgen starte ich dann meine Arbeit: Frühstück zubereiten, Wäsche waschen, die Zimmer für die nächsten Gäste vorbereiten – schon bei 4 Gästezimmern gibt es da eine Menge zu tun und ich frage mich: Wie schafft Andrea das normalerweise allein?
Es kommen neue Gäste an, ein Paar aus den Niederlanden, das auf einer 4 – wöchigen Italientour unterwegs ist. Ich kann direkt Tipps für die nächsten Stopps geben und mit amavido Geheimtipps aushelfen.
Später am Nachmittag kommen dann noch Freunde von Andrea an und schließlich finden wir uns alle zusammen an einer langen Tafel zum gemeinsamen Abendessen. Für Andrea ist das Normalität, denn eigentlich jeder Gast, der die Küche zum Kochen nutzt lädt ihn und oft auch alle anderen Gäste die gerade da sind zum gemeinsamen Essen ein. Typisch italienischer Spirit eben: gegessen wird gemeinsam.
Als wir dann so am Tisch sitzen und vom Reisen und aus dem Leben erzählen, fühle ich mich kurze Zeit wieder wie ein Backpacker: Allerdings mit anderem Gesprächsstoff und vor allem besserem Wein.
Tag 3:
Als ob sie es bereits Wochen im Voraus gewusst hätten, gibt es heute keine Übernachtungsgäste, denn der Himmel ist grau und es regnet. Ich probiere also meinen neuen Homeoffice - Spot in der verglasten Veranda des Hauses aus, mit Blick auf den Pool, Garten und die umliegenden Hügel. Fazit: Hier kann man produktiv sein und Vorfreude auf einen Mittagsschlaf am Pool schöpfen. Und den gönne ich mir auch nach getaner Arbeit.
Der Social Table wird mein Homeoffice für die Woche
Vor allem bei gutem Wetter steigt die Vorfreude auf den Feierabend
Später am Abend entdecke ich, dass Andrea in seinem Büro ein kleines Museum beherbergt. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche Kleinigkeiten und Gegenstände gesammelt:
Wen man in Andreas Büro antrifft
Ein Blick in die Vitrine lohnt sich
In der Region rund um Castel del Rio und Imola gibt es für Geschichtsbegeisterte vieles zu entdecken, denn während des Zweiten Weltkriegs befand sich Castel del Rio auf der „gotischen Linie“. Mehr über die geschichtsträchtigen Orte in dieser Region kann man im „Museo della Guerra“ erfahren (http://www.museodellaguerradicasteldelrio.it/).
Tag 4
Andrea ist heute unterwegs und überlässt mir die Gastgeberrolle für einen Tag – für die nächsten 2 Tage ist das B&B wieder ausgebucht und es kommen spontan Gäste vorbei, die Ende des Monats eine Feier hier planen – ich gebe also erstmal eine Führung durchs Haus und beantworte die Fragen. Dass ich hier eigentlich nur als Community Worker bin, lasse ich mir vorerst nicht anmerken. Macht Spaß, das Gastgeber-sein.
Den Abend beenden wir wieder beim gemeinsamen Abendessen mit den neuen Gästen: Wir bestellen Pizza aus dem nächstgelegenen Dorf und lauschen einem der Gäste beim Gitarre spielen.
Tag 5
Nach dem Frühstück kommt Andrea mit einer Idee auf mich zu: Er hat im nahe gelegenen Wald einen Baumstamm entdeckt, den er für ein Projekt braucht, ob ich nicht Lust hätte mitzukommen und beim Einladen zu helfen. Klar, ich springe also auf den Beifahrersitz des Suzuki mit Allradantrieb und denke mir nichts dabei. Dass wir nun über eine EXTREM vom Regen und Wetter verwaschene Straße durch den Wald fahren und ein „normales“ Auto hier niemals entlangfahren könnte, habe ich nicht erwartet. Andreas Allradrennen Erfahrung macht sich bemerkbar und ich fühle mich auf einmal mehr wie ein Abenteuertourist als auf dem Weg zu einem kurzen Spaziergang im Wald.
Ich hätte ja gerne ein Video gemacht, doch ein Handy in der Hand zu halten wäre ein Ding des Unmöglichen gewesen – doch es lohnt sich, denn die umliegende Natur ist wunderschön. Wie ein Zauberwald und oben auf dem Hügel angekommen steht die Kirche Chiesa Di Valmaggiore und man genießt eine Aussicht in die Pianura Padana, fast bis nach Bologna.
Aussichtspunkt erreicht!
Hier das Schmuckstück
Blick in die Chiesa Di Valmaggiore - noch immer genutzt und mit Glasdach restauriert
Nachdem wir das Schmuckstück von Baumstamm eingeladen haben, beschließt Andrea, dass wir doch noch eine kleine Tour durch die Umgebung machen könnten, zum Grundstück eines Freundes, auf dem die Ruinen des ehemaligen Schlosses von Castel del Rio stehen, zu einem leerstehenden Hof der zur Entdeckungstour einlädt und wieder zurück. Die Straßen sind zum Glück nicht immer so holprig wie zu Beginn 😉
Auf den Spuren der Geschichte von Castel del Rio
Danach erledige ich noch die restlichen Aufgaben des Tages und gönne mir zum Sonnenuntergang noch einen Sprung in den Pool.
Nach getaner Arbeit…
Tag 6
Und schon bin ich am vorletzten Tag meines Aufenthalts angekommen. Heute habe ich jedoch das Privileg, das meiner Meinung nach beste der 4 Zimmer im B&B auszuprobieren. Das ist allerdings kein reguläres Zimmer im Haupthaus, sondern ein winziges Häuschen im Wald, einige Minuten vom B&B entfernt mit einem verglasten Dach, Außendusche und Hängematte vor der Tür. Für mich definitiv das Highlight – aber schaut selbst:
Mein Zuhause für die letzte Nacht
Heute wieder ein vollständiger Gästewechsel, es gibt also einiges zu tun. Neue Gäste, neue Gespräche und noch ein gemeinsames Abendessen. Und weil der Himmel heute besonders klar ist, probieren wir kurz vor Mitternacht noch das Teleskop aus.
Auch für Sternegucker gibt es hier die nötige Ausrüstung
Dann liege ich unter verglastem Dach und genieße die absolute Ruhe und den Ausblick in den Nachthimmel vom Bett aus. Absolut fantastisch!
Tag 7:
Noch ein letztes Mal bereite ich das Frühstück für die Gäste zu und dann heißt es auch schon auf Wiedersehen! Von der Bushaltestelle in Castel del Rio geht es Richtung Imola und dann Bologna und schon drei Stunden später bin ich wieder in der Heimat in Turin angekommen.
Fazit:
Gastgeber sein ist ein 24 Stunden Job, für den man Leidenschaft aufbringen muss. Der Letzte sein, der ins Bett geht und der Erste, der aufsteht. So weiß ich nun die Arbeit unserer Gastgeber noch mehr zu schätzen und habe in dieser Woche vieles gelernt, neue Menschen kennengelernt und italienische Gastfreundschaft noch einmal auf ganz neue Weise erfahren. Andrea ist Gastgeber mit Herz und Seele und hat einen Ort geschaffen, an dem man sich Willkommen fühlt und ich habe meinerseits verstanden, dass dies das entscheidende „Qualitätsmerkmal“ ist, wenn man als Gast in einer Unterkunft wohnt.
Wer Lust hat diesen magischen Ort nicht „nur“ als Gast, sondern als wertgeschätzter Mitarbeiter zu erleben, dem empfehle ich eine Reise ins grüne Herz der Emilia – Romagna zu Andrea und Maffy!
Die wahre Chefin des Hauses
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